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Reiseberichte

Die Farben Marokkos – ein Reisebericht

Veröffentlicht am 12/11/2024
Maroc - Récit de voyage ACL

Marokko: Zwischen Traditionen und Moderne, ein Staunen an der Schnittstelle zwischen Afrika und Europa

Marokko, ein Land von großer Schönheit, mit atemberaubenden Landschaften, einzigartigen Altstädten, einem großartigen architektonischen Erbe und einer köstlichen Küche, verzaubert Reisende seit Jahrzehnten. Die quirligen und farbenfrohen Medinas suchen weltweit ihresgleichen. Paläste, Mausoleen und Moscheen der Königsstädte zeigen sich als monumentale Zeugnisse der (einstigen) Pracht und Macht. In den ursprünglichen Dörfern und malerischen Tälern der Atlasberge geht das Leben wie eh und je seinen Gang, umrahmt von der majestätischen Szenerie der schneebedeckten Gipfel. Küstenstädte wie Casablanca und Rabat präsentieren sich weltoffen und modern, hier zeigt sich Marokko als Bindeglied zwischen Europa und Afrika.

Wunderbarerweise liegt dieses gleichermaßen exotische und kontrastreiche Paradies im nordwestlichen Zipfel Afrikas nur wenige Kilometer von unserem Kontinent entfernt. Knapp vier Stunden Flugzeit trennen Luxemburg und Marrakech, die kosmopolitische Stadt im Süden Marokkos.

Bildquelle: Marokko Souq GEWüRZE spices food @Rasmus_adobe.stock 

Maroc - Récit de voyage ACL

Casablanca – Das wirtschaftliche Herz Marokkos

Doch wir heben uns die hippe Metropole für später auf und machen uns auf den Weg nach Casablanca. Unterwegs stoppen wir in einem netten Café und gönnen uns einen Minztee (grüner Tee mit frischer Minze und viel Zucker). Dieser ist sozusagen das Nationalgetränk und es gibt sogar traditionelle Tee-Zeremonien. Oftmals werden „Gazellenhörnchen“ (süße, mit Mandeln gefüllte und Orangenblütenaroma verfeinerte Blätterteigteilchen) dazu gereicht. Wir schlürfen den Tee ganz stilgerecht und fühlen uns in Marokko angekommen.

Die dynamische Millionenstadt am Atlantik ist die unbestrittene Wirtschafts- und Handelsmetropole des Landes und beherbergt einen der größten Industriehäfen Afrikas. Wir spazieren entlang der Corniche und flanieren auf dem verkehrsberuhigten Boulevard Mohamed V. zum gleichnamigen Platz im Stadtzentrum. Ein guter Einstieg in das Reiseland Marokko, finden wir, denn die moderne Stadt wirkt in ihrer Betriebsamkeit wie eine europäische Großstadt. Dazu gehören auch Verkehrsstaus auf den großen Verkehrsadern, die drei Kilometer bis zur Moschee Hassan II. ziehen sich etwas – Zeit um den Verkehr und die Menschen zu betrachten.

Bildquelle: ©RuslanKphot_AdobeStock

 

Dann sind wir da und staunen über die Schönheit des Bauwerkes, über das Minarett, das in den Himmel zu wachsen scheint, und über die gigantischen Ausmaße der Moschee. 200 Meter lang, 100 Meter breit und außen komplett mit Marmor verkleidet steht die glitzernde Moschee direkt am blauen Atlantik, gekrönt von einem meist stahlblauen Himmel. Ein Fotomotiv par excellence! (Okay, ein bisschen herausfordernd ist das angeblich 200 Meter hohe Minarett schon, aber das macht nichts, denn unser Guide kennt den besten Fotoplatz.) Auch innen beeindruckt das prachtvolle Gotteshaus, das bis zu 100000 Betende aufnehmen kann, mit Marmor, kristallinen Lüstern und einem gläsernen Schiebedach.

Französisches Savoir-Vivre in Rabat

Zur ebenfalls am Atlantik gelegenen Hauptstadt Marokkos sind es nur wenige Kilometer. Rabat ist die modernste der vier „Königsstädte“. Es geht deutlich geruhsamer zu und die Lebensqualität ist um einiges höher als in anderen marokkanischen Städten. Hier regiert und residiert der König, im Regierungsviertel haben zahlreiche Botschaften und internationale Organisationen und Kulturinstitute ihren Sitz. Französisches Savoir-vivre und orientalisches Leben verbinden sich zu einer lässigen Atmosphäre. Unser Guide – der übrigens auch Hassan heißt – zeigt uns den Königspalast (den wir nur von außen bewundern dürfen) und den wuchtigen Turm Hassan II., das Wahrzeichen der Stadt. Wir erfahren, dass der Turm eigentlich ein Minarett sei, doch der Bau der zugehörigen Moschee wurde nie vollendet. Auch diese sollte die größte weit und breit sein – es scheint, die marokkanischen Herrscher legten viel Wert auf repräsentative Bauwerke. Beispielsweise die monumentalen Stadttore, die in die Medinas (arabische Altstädte) führen.

Geschichtsträchtiges Zentralmarokko: Meknes, Moulay Idriss, Volubilis und Fès

Gleich am nächsten Tag, in der Königsstadt Meknes, stehen wir vor einem solchen (und werden noch viele weitere sehen). Das prächtige Bab al Mansour am großen Place El Hedim ist unbestreitbar das schönste Stadttor Marokkos. Ebenso sehenswert ist das mit Gold und Stuckaturen verzierte Mausoleum des Moulay Ismail. Der Alouiten-Sultan aus dem 17. Jahrhundert indes war ein grausamer Herrscher und nach seinem Tode wurde Fès wieder Residenzstadt der Könige. Doch bevor wir weiterreisen, stürzen wir uns in das Gewimmel der Medina, der Altstadt. Marokkanische Souks sind wunderbar, man kann sich den ganzen Tag darin aufhalten. Schauen, Staunen, Riechen, Erleben – und natürlich Shoppen. Allerdings sollte man sich zuvor im Feilschen üben, denn die marokkanischen Händler verstehen ihr Metier.

Auf dem Weg nach Fès halten wir kurz in Moulay Idriss, der heiligsten Stadt des Landes und bis heute ein wichtiger Wallfahrtsort. Das Grab des gleichnamigen Staatsgründers ist ein bedeutendes Pilgerziel – in Marokko sagt man „Wer sieben Mal nach Moulay Idriss gepilgert ist, braucht nicht mehr nach Mekka zu reisen.“ Wir lernen einiges über die Volksfrömmigkeit in Marokko und spüren die ganz besondere Atmosphäre, die über diesem Ort liegt. Dann tauchen wir in die Antike ein und erkunden gemeinsam mit unserem Guide die Geheimnisse Volubilis‘. Die imposanten Ruinen und die gut erhaltenen Bodenmosaiken der Ausgrabungsstätte erzählen die Geschichte der römischen Provinz Mauretania Tingitana und ihrer Bedeutung für das Land. Doch nicht nur die Römer und Berber fanden es hier wunderbar, Hassan erzählt uns, dass der Ort bereits im Neolithikum besiedelt war. Am Abend kommen wir in Fès an. Uff, das war ein voller Tag mit sooo vielen Eindrücken – ein Tag der exemplarisch für die Vielfalt Marokkos steht. Eigentlich wollten wir noch durch die Altstadt von Fès bummeln, doch nach einem leckeren Abendessen im Hotel fallen wir müde ins Bett und starten am nächsten Morgen gestärkt in den neuen Tag.

Und der wird WOW – wir tauchen in die unbeschreibliche Medina von Fès ein! Ganz unbestritten gehört Fès zu den schönsten Städten der Erde und ist bis heute das intellektuelle und spirituelle Zentrum Marokkos. Die malerische Medina (Altstadt) ist eine der größten ummauerten Altstädte der Welt, mit wuchtigen Eingangstoren, unzähligen schmalen Gassen, engen Straßen und verwunschenen Plätzen. Es gibt einfach alles: Berge von frischem Obst und duftenden Gewürzen, kunstvoll gewebte Berberteppiche und marokkanisches Kunsthandwerk aller Qualitätsstufen, einen Lederwaren-Souk, den Souk der Gewürzhändler, den Bereich der Töpfer und weitere farbenfrohe Märkte und Werkstätten, alle nach Gilden getrennt. Ein unbeschreibliches Feuerwerk für die Sinne! Wir taumeln trunken von den vielen Eindrücken durch die engen Gassen dieses kilometerlangen Labyrinths, wissen gar nicht mehr wohin wir als erstes schauen sollen. Und wir shoppen wie die Weltmeister: handgetöpferte Keramik, Silberschmuck von der Berbern, eine Lederhandtasche. Obwohl wir wissen, dass wir in Marrakech auch noch einkaufen könn(t)en, sind wir schier überwältigt von der Vielfalt des Angebots und der unbedingten Meinung, dass wir hier zuschlagen müssen. Doch klaro, es muss wieder ordentlich gefeilscht werden. Mit Mimik, Gestik und Worten schlagen wir uns tapfer und kommen glücklich und zufrieden, mit vollen Einkaufstaschen zurück ins Hotel. Doch heute wollen wir auch zum Abendessen in die Altstadt. So duschen wir schnell und machen uns, gemeinsam mit unserem ortskundigen Guide, der die besten Restaurants kennt, wieder auf den Weg.

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Köstlichkeiten aus Marokko: Wenn Harira, Tajines und Couscous unsere Geschmacksnerven verzaubern

Oh ja, die marokkanische Küche – schon Paul Bocuse war von ihr beeindruckt. Auch wir verfallen ins Schwärmen. Die kräftige Harira-Suppe ist unschlagbar lecker, die perfekt gegrillten Merguez-Würste pikant orientalisch gewürzt. Ganz zu schweigen von den schmackhaften Tagines und den vielen Couscous-Varianten. Egal ob mit Fisch oder Lamm, mit Rind oder nur mit Gemüse, die Zutaten sind immer frisch und die feine Würzmischung „Ras el Hanout“ passt zu 100%. „Ras el Hanout“ bedeutet „Kopf des Verkäufers“, damit ist gemeint, dass jeder Händler seine eigene Kreation zusammenstellt.

Nach dem Essen trinken wir den traditionellen Pfefferminztee und genießen dazu leckere Süßspeisen. Wunderbar! Unsere Gaumen und Mägen sind glücklich und wir fühlen uns wie Gott in Marokko.

Bildquelle: Marokko – Essen – Tajine ©tbralnina_adobe.stock 

 

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Auf dem Weg nach Marrakesch: zwischen den Bergen des Mittleren Atlas und den schneebedeckten Gipfeln des Hohen Atlas

Auf dem Weg in den Süden, nach Marrakech, fahren wir durch den Mittleren Atlas. Unterwegs halten wir in kleinen Dörfern, trinken Tee und betrachten das Bergpanorama. An manchen Stellen reicht der Blick bis zu den majestätischen Gipfeln des Großen Atlas, der südlich des Mittleren Atlas verläuft. Manche Bergspitzen dieses langgestreckten Gebirgsmassivs sind schneebedeckt, der höchste ist über 4100 Meter hoch (ü.M.). Diese großartige Bergwelt ist mit tiefen Tälern durchzogen, in deren Dörfer die Berber wohnen.

Wir genießen die Pausen und die Tee-Zeremonien, bei denen der Tee aus einer silbernen, kunstvoll ziselierten Kanne aus großer Höhe schwungvoll in kleine Gläser, die in der Regel auf einem silbernen Tablett stehen, befördert wird.

Bildquelle: Marokko HOHER ATLAS landscape panorama @TorvalMork_adobe.stock 

 

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Marrakech, die Unvergleichliche

Am Abend kommen wir in Marrakech an, checken schnell ein und spazieren zum Djemna el Fna, dem weltweit berühmten Platz im Zentrum der quicklebendigen Stadt. Morgens und mittags liegt er relativ still da, ab dem späten Nachmittag finden sich hier alle ein: Händler bieten lautstark ihre Waren an, Einheimische und (arabischkundige) Touristen lauschen den Geschichtenerzählern und Musikern, vor allem die Touristen stehen ungläubig staunend vor den Gauklern und ein bisschen zurückhaltend vor den Schlangenbeschwörern. Familien flanieren mit ihren Kindern umher, Touristen mit ihren Kameras. Am Rande des Platzes sind mobile Garküchen aufgebaut. Es ist ein unbeschreibliches Gewirr von Stimmen und Gerüchen, gekrönt von der einzigartigen Atmosphäre des großen Platzes. Wir tauchen hinein und wollen gar nicht mehr heraus – doch wir müssen, denn Hassan hat uns für heute Abend ein besonderes Mahl in einem der traumhaft schönen Riads (restaurierte Altstadthäuser) versprochen.

Bildquelle: Marokko Marrakech Marrakesch Djema El Fna ©Blogtrip_adobe.stock 

 

Die Königsstadt Marrakech hat noch viel mehr zu bieten. Seit jeher ist die kosmopolitische Metropole im Süden Marokkos ein Anziehungspunkt für Künstler, Bohemians und Schriftsteller. Ihre Lage inmitten der großen Palmenoase und ihr unvergleichliche Flair verzaubert bis heute alle. Ob Paul Bowles oder Yves Saint Laurent, ob Winston Churchill oder Alfred Hitchcock, ob John Lennon, Soraya, Andy Warhol oder Mick Jagger, die hier ausschweifende Feste feierten – die Stadt war und bleibt ein Anziehungspunkt für viele. Glamour, Mythen und Legenden haben ebenfalls sich bis heute erhalten.

Auch geschichtlich hat die Stadt einiges zu bieten: Berber, Alawiden, Almohaden, Meriniden, Saadier, Franzosen und der sagenumwobene Berberfürst „El Glaoui“ haben teils prachtvolle Spuren hinterlassen. Das wunderschöne Minarett der Koutoubia-Moschee ist heute das Wahrzeichen Marrakechs und seit seiner Erbauung im 12. Jhd. das Vorbild für sämtliche Minarette Marokkos. Wir wandern durch die Medina und durch die Chellah, besuchen den geschichtsträchtigen Bahia-Palast und die glanzvollen Saadier-Gräber, stürzen uns in den lebhaften Souks der Altstadt erneut ins Shoppingvergnügen. Unzählige Händler bieten lautstark ihre Waren feil, Handwerker hämmern und schmieden an ihren Produkten, die Geräuschkulisse ist teilweise ohrenbetäubend. Duftende Gewürze entzücken unsere Nase, handgewebte Teppiche mit traditionellen Mustern unsere Augen. Inzwischen sind wir schon recht geübt im Verhandeln, allerdings schwant uns so langsam, dass wir für den Rückflug Übergepäck anmelden sollten. Auch heute zieht der Djemna El Fna uns magisch an, wir setzen uns in eines der vielen Dachcafés am Rande des Platzes und genießen den Blick auf das Geschehen bei einem Drink. Dieser ist zwar etwas überteuert, aber der Blick und die Atmosphäre machen das wieder wett.

Der nächste Tag stellt uns vor die Frage: besuchen wir einige der vielen Museen, den berühmten „Jardin Majorelle“ und vielleicht das Museum YSL oder folgen wir Hassan auf einen Ausflug in die nahe Bergwelt des Hohen Atlas? Wir entscheiden uns für den Ausflug in das malerische und ursprüngliche Ourika-Tal. Vom namensgebenden Ourika-Fluss durchzogen, faszinieren in dem üppig grünen Tal die Kontraste zwischen Bergen, Obstgärten, Terrassenkulturen und kleinen Dörfern im traditionellen Douar-Stil. Fotomotive, wohin man nur schaut, schwierig allerdings, die hohen Berge in die kleine Kamera zu bringen – wir verzichten auf das Foto und behalten uns die atemberaubende Schönheit der Szenerie im Kopf. Es gibt kleine Wasserfälle und Museen, Restaurants und Cafés, natürlich trinken wir genüsslich einen Pfefferminztee. Ein altes Lehmhaus ist in ein liebevoll eingerichtetes Berber-Museum umgewandelt worden, dort tauchen wir in die Geschichte eines lokalen Berberstammes ein. Ein bisschen crazy wird es auch: Im Skulpturengarten „Jardin Amina“ hat der österreichische Künstlers André Heller Natur und Kultur in seinen Werken vereint. Herausgekommen ist ein einzigartiges Ensemble unterschiedlicher Elemente, eine Art Garten Eden vor der malerischen Kulisse des Hohen Atlas und irgendwie ein magischer Ort!

Am Abend schlemmen wir ein letztes Mal marokkanische Köstlichkeiten und schlagen uns den Bauch mit B’stilla, Tagine und weiteren Spezialitäten voll bis wir nicht mehr können. Zufrieden fallen wir ins Bett. Am nächsten Morgen dann die Ernüchterung: der Koffer geht nicht mehr zu! Nach viel Drücken, Ruckeln und Draufsetzen ist es geschafft und wir machen uns auf den Weg zum Flughafen.

Kaum zu glauben, was man in einer Woche alles erleben kann. Nicht nur unser Gepäck, auch unser Kopf ist voll mit wunderschönen Erinnerungen, mit vielfältigen Eindrücken und mit dem unbedingten Wunsch, irgendwann mal wieder nach Marokko zu reisen, in das quirlige Getümmel der Medinas einzutauchen und herrlich abzuschalten.

 

Suzette Pommier