Kindersitze im Test
Zwei Modelle fallen im Kindersitz-Test durch
Beim neuesten ADAC-Kindersitztest riss ein Modell aus der Isofix-Station, als die Tester einen Frontalcrash simulierten. Dieser und ein weiterer Sitz erhielten die Note mangelhaft. Die gesamten Ergebnisse im Überblick.
Nichts ist kostbarer als das eigene Kind. Und das sollte gut geschützt sein – gerade im Auto. Um Eltern Orientierung beim Kauf zu bieten, testet der ADAC in Partnerschaft mit dem ACL regelmäßig Kindersitze, die vor Kurzem auf den Markt gekommen sind. In diesem Frühjahr nahmen sich die Prüfer 20 Sitze in allen verfügbaren Größen vor. Untersucht wurden sie in den Kategorien Sicherheit, Bedienung, Ergonomie und Schadstoffgehalt. Vier Babyschalen können sowohl mit dem Fahrzeuggurt oder alternativ an einer separat erhältlichen Isofix-Station befestigt werden. Beide Varianten überprüfte der ADAC, sodass die Tester auf 24 Einzelergebnisse kamen.
Auffälligkeiten beim Schadstoffgehalt
Der Großteil der Kindersitze lässt sich bedenkenlos verwenden. 15 Mal vergibt der ADAC die Note gut, sieben Mal befriedigend. Diese Modelle übertreffen die gesetzlichen Vorschriften zum Teil deutlich. Zwei Kindersitze fielen im Test allerdings mit der Note mangelhaft durch. Der Peg Perego Viaggio Twist mit seiner Isofix-Basis Base Twist zeigte Sicherheitsprobleme im Frontalaufpralltest. Die Sitzschale löste sich aus der Isofix-Station und flog mitsamt der Puppe nach vorne. Die Prüfer hatten den Dummy bei diesem Versuch in entgegengesetzter Fahrtrichtung positioniert. Beim Test in Fahrtrichtung riss die Isofix-Station in zwei Teile und der Dummy wurde nach oben und vorne geschleudert. In beiden Fällen dürfte in der Realität das Verletzungsrisiko für ein Kind hoch sein. Beim ADAC-Test wirken höhere Kräfte als bei den Zulassungsversuchen, die der Gesetzgeber von Herstellern verlangt. Negativ fiel außerdem der Schadstoffgehalt auf. Im Bezugsstoff fand sich das Flammschutzmittel TCPP in einer Menge, die den in einer EU-Richtlinie zur Spielzeugsicherheit hinterlegten Grenzwert übersteigt. TCPP steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
Ebenfalls die Note mangelhaft erhielt der Silver Cross Discover i-Size. Der Bezugsstoff enthielt laut ADAC den Weichmacher DPHP in einer Menge, die über dem im LGA-Qualitätszertifikat gesetzten Grenzwert liegt. Bei diesem Zertifikat handelt es sich um ein Prüfsiegel, das unter anderem für Spielzeug angewandt wird. DPHP kann die Schilddrüse und die Hirnanhangsdrüse schädigen.
Gut informiert ins Geschäft
Abgesehen von den aktuellen „Testteilnehmern“ sind weiterhin eine Reihe von Modellen im Handel verfügbar, die der ADAC in Kooperation mit dem ACL als Testpartner bereits früher untersucht hat. Die Ergebnisse stellen wir regelmäßig in „Autotouring“ vor. Mithilfe dieser Informationen finden Eltern ein Modell in der richtigen Größe, das nicht nur sicher ist, sondern auch leicht handhabbar und in dem das Kind gut sitzt.
Wer einen neuen Kindersitz anschaffen möchte, sollte seine Favoriten idealerweise im Geschäft ausprobieren und sie testweise im eigenen Auto befestigen. Interessenten sollten außerdem überprüfen, ob der gewünschte Sitz für den Einbau im eigenen Fahrzeugmodell zugelassen ist.
Ab September werden im Einzelhandel nur noch Modelle verfügbar sein, die der neuen Sicherheitsvorschrift UN Reg. 129 entsprechen. Kindersitze werden dann nicht mehr nach Gewichtsklassen eingeteilt, sondern nach Körpergrößen, für die sie geeignet sind. Außerdem müssen die Produkte zusätzlich einen Seitenaufpralltest bestehen. Dass ein Sitz die Norm einhält, erkennen Verbraucher an einem Prüfsiegel, das sich am Kindersitz befindet. Modelle mit einer Zulassung nach der bisherigen Norm UN Reg. 44 dürfen ab September nicht mehr im Handel verkauft werden. Familien, die noch ein „altes“ Modell besitzen, können es aber weiterverwenden.
Die Besten im Test
Bis ca. 1 Jahr
Nuna Pipa Urbn
Die Babyschale ist für Kinder mit einer Größe von 40 bis 75 Zentimetern und einem Gewicht unter 13 Kilogramm geeignet. In allen vier Testkategorien erhält sie die Note gut (Gesamtnote: 1,6). Das Verletzungsrisiko ist beim Frontcrash sehr gering, der Gurt verläuft optimal und auch das Anschnallen und Einbauen ins Auto gelingt mühelos. Die Isofix-Halterung ist direkt an der Schale befestigt und nicht wie
sonst üblich an einer separaten Basis. Sie ist aber leicht genug, um sie aus dem Auto zu nehmen. Da die Babyschale nur für Kinder bis ca. einem Jahr geeignet ist, sollten Eltern im Anschluss erneut einen Sitz wählen, der entgegen der Fahrtrichtung genutzt wird.
Bis ca. 1,5 Jahre
Cybex Cloud G i-Size + Base G und Lionelo Astrid i-Size + Astrid i-Size Base
Mit einer Gesamtnote von 1,8 sind der Cybec Cloud G i-Size und der Lionelo Astrid i-Size, jeweils in Kombination mit der dazugehörigen Isofix-Basisstation, die zwei besten Modelle in der Größe bis ca. anderthalb Jahre. Im Unterschied zum Nuna Pipa Urbn sind sie bis zu einer Körpergröße von 87 Zentimetern zugelassen. Die Ergebnistabelle zeigt, dass sie ein wenig schlechter – aber noch immer gut – abschneiden, wenn sie mit dem Fahrzeuggurt befestigt werden. Das liegt aber nicht an einem schlechteren Urteil in Sachen Sicherheit, sondern an der etwas umständlicheren Handhabung.
Bis ca. 4 Jahre
Maxi-Cosi Mica 360 Pro
Er ist sicher und über einen langen Zeitraum nutzbar: der Maxi-Cosi Mica 360 Pro. Auch hier reisen Babys und Kleinkinder zunächst entgegen der Fahrtrichtung. Frühestens mit 15 Monaten kann der Sitz dann um 180 Grad gedreht werden. Etwas unpraktisch bei einem Neugeborenen: Schläft es während der Fahrt ein, kann die Schale mangels Basisstation nicht einfach herausgenommen werden, zumal das Modell vergleichsweise schwer ist. Positiv bewerten die Tester aber die Drehmöglichkeit des Sitzes, was den Ein- und Ausstieg erleichtert. Zugelassen ist er bis zu einer Körpergröße von 105 Zentimetern.
Bis ca. 12 Jahre
Joie i-Spin XL
Nur ein Kindersitz von der Geburt bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Kind keinen Sitz mehr benötigt? Das verspricht der Joie i-Spin XL, der bis zu einer Körpergröße von 150 Zentimetern zugelassen ist. Das bringt allerdings Kompromisse mit sich, sodass das Modell – das einzig getestete in dieser Größenkategorie – mit einem Befriedigend abschneidet. Das Verletzungsrisiko bei einem Seitencrash ist sehr gering, bei einem Frontcrash durchschnittlich. In den Kategorien Bedienung und Ergonomie kommt das Modell nicht über eine befriedigende Note hinaus.
Von ca. 1 bis 4 Jahre
Cybex Sirona Gi i-Size
Mit einem guten Gesamturteil überzeugt der Cybec Sirona Gi i-Size. Er ist zugelassen für Kinder mit einer Größe zwischen 61 und 105 Zentimetern. Der Sitz verfügt über integriertes Isofix sowie einen Stützfuß und lässt sich zum Ein- und Aussteigen drehen. Ab 15 Monaten kann er in Fahrtrichtung gestellt werden. Zusätzlich haben die Tester das Schwestermodell, den Kindersitz Sirona G iSize, in Kombination mit der Isofix-Station Base G getestet. Auch diese Lösung erhielt das Gesamturteil gut.
Von ca. 1 bis 7 Jahre
Britax Römer Safe-Way M
In diesem Modell sitzen Kinder mit einer Körpergröße zwischen 61 und 125 Zentimetern entgegen der Fahrtrichtung. Deshalb ist der Schutz bei einem Frontalaufprall sehr hoch. Die Sitzschale braucht allerdings viel Platz im Auto. Auch die Montage und das Anschnallen sind etwas aufwendig. Deshalb gibt es nur ein Befriedigend in der Kategorie Bedienung und ebenso fällt auch das Gesamturteil (Note 3,4) aus.
Ca. 4 bis 12 Jahre
Avova Sora-Fix
Bei diesem Modell, das gut abschneidet (Gesamtnote 2,0), handelt es sich um einen Sitzerhöher mit Rückenlehne, geeignet für Kinder mit einer Körpergröße von 100 bis 150 Zentimetern. Er wird mit dem Dreipunktgurt des Fahrzeugs befestigt, ist optional auch mit Isofix erhältlich. Das Verletzungsrisiko bei einem Seitencrash ist gering, bei einem Frontcrash durchschnittlich. Der Kindersitz steht stabil im Fahrzeug. Auch in Bedienung, Ergonomie und der Schadstoffprüfung überzeugt er die Tester.
Von Kerstin Smirr
(Artikel in der Zeitschrift Autotouring)